Von Dietmar Stanka
Form und Funktion
"Der sieht ja aus wie meiner!" Ein Herr in den besten Jahren, unterwegs in einem 7er BMW der aktuellen Generation, deutet an einer Kreuzung auf die Grünphase wartend, dass ich doch bitte das Fenster herunterfahren soll. "Was kostet der denn", fragt er erwartungsvoll. "65.500 Euro." "Was? Meiner lag über 100.000 Euro!" Das Gespräch endete abrupt, weil die Ampel freie Fahrt signalisierte und sich unsere Wege trennten.
Tatsächlich sind die Unterschiede zu Audi, BMW und Mercedes, was Größe, Qualitätsanmutung und Ausstattung anbetreffen, gering bis gar nicht vorhanden. Eine klar gezeichnete und schnörkellose Karosserie symbolisiert Kraft und Anmut gleichermaßen. Die lange Motorhaube könnte auch einen V8 bewachen - auf dem US-Markt ist der Genesis tatsächlich mit solch einem Antrieb zu bekommen - und die kurzen Überhänge verleihen dem Flaggschiff von Hyundai einen Radstand von knapp über 3 Metern.
Die äußere Unaufdringlichkeit zeigt sich auch im Innenraum des Hyundai Genesis. Leder, Leder und zudem noch Holz. Dazu eine Mittelkonsole mit einer Schalteranordnung die Fahrer eines Audis an das MMI erinnern könnte. Klar und präzise die Instrumente, dazu ein Headup-Display und ein 9,2 Zoll großer TFT-LCD-Touchscreen-Monitor, der die Insassen mit sämtlichen relevanten Informationen bis hin zu einer klar gezeichneten Navigationskarte versorgt.
Das Gestühl ist herrlich bequem und kann auch Seitenhalt. Zudem ist es kühl- und beheizbar. Und zwar vorne und hinten. Im Fond muss allerdings der Mittelsitz darben, es sind nur die beiden äußeren Sitze, die diesen Luxus an ihre Besetzer weitergeben können. Was dem gesamten positiven Eindruck dieses Fahrzeugs aber keinerlei Abbruch bedeutet.
Fahrverhalten
Einer Sänfte gleich, schwebt der Hyundai Genesis durch Zeit und Raum. Das auf Komfort ausgelegte und durch den bereits erwähnt langen Radstand Bodenwellen bestens absorbierende Fahrwerk kann begeistern. Bis zu einem gewissen Punkt. Denn geht es auf Landstraßen, ist der Hyundai Genesis eher auf der behäbigen Seite zu finden. Was aber sofort relativiert werden muss, da diese Limousine in aller erster Linie für Nordamerika und asiatische Märkte entwickelt wurde. Und da heizt man mit solcherart Gefährten nicht über Passstraßen.
Da ist Gleiten angesagt, entspanntes Fahren und das kann in diesem Automobil auf allen Plätzen ausgiebig genossen werden. Der 3,8 Liter große V6 schnurrt leise vor sich hin und gibt allenfalls bei scharfen Tritten aufs Gaspedal mehr Laut. Traktion ist dank des permanenten Allradantriebs bestens vorhanden, einzig der Durst des Triebwerks bereitete uns Kummer und Sorgen. Dem Tankwart zauberte allerdings nicht nur der seltene und attraktiv designte Genesis ein Lächeln ins Gesicht. Der Verbrauch lag bei vorausschauender und defensiver Fahrweise bei guten 12 Litern, in der Stadt kletterte er bis auf 16 Liter und schnell gefahrene Autobahnabschnitte quittierte das mehr als 2,1 Tonnen schwere Edelgefährt mit ähnlich hohem Schluckvermögen.
Mit einem von Hyundai selbst entwickelten automatischen Achtgang-Getriebe wird die Kraft von 387 Nm auf die beiden Achsen geleitet. Das Allradsystem namens HTRAC stammt von Magna und wird im österreichischen Lannach produziert und von dort zum Hyundai Werk im südkoreanischen Ulsan geliefert. Mittels dreier Modi, die per Knopfdruck von Eco über Normal zu Sport einstellbar sind, wird die Drehmomentverteilung entsprechend der Traktionsnotwendigkeiten geregelt.
Empfehlenswert ist die Einstellung Eco, die aber leider keinen zusätzlichen Nutzen wie Rekuperation oder eine Start-Stopp-Automatik mitbringt. Im Sport-Modus wird der Genesis etwas hecklastiger als bei der normalen Kraftverteilung von 40:60 in den beiden anderen Modi.
In der Summe arbeiten das selbstentwickelte Achtganggetriebe und der Allradantrieb harmonisch zusammen. Echte sportliche Dynamik darf man vom Genesis allerdings nicht erwarten, obwohl er bei Ampelstarts durchaus zeigen kann, welch Kraft in ihm steckt. Den Spurt von 0 auf 100 km/h legt er in 6,8 Sekunden zurück und die Höchstgeschwindigkeit liegt bei abgeregelten 240 km/h.
Ausstattung
Was? Der Hyundai Genesis hat keine LED-Hauptscheinwerfer? Okay. Das ist im Moment das einzige uns aufgefallene Ausstattungsfeature, was in diesem Fahrzeug nicht verbaut ist. Klar sind Tagfahrlicht und Rücklichter mit LED bestückt. Und auch sonst ist alles, was bei den bereits genannten Herstellern seitenweise Aufpreislisten füllt, im Hyundai Genesis vorhanden.
Was die Attraktivität einmal mehr ungemein erhöht. Den für so „wenig“ Geld, gibt es sonst nirgends so viel Auto. Und damit meinen wir nicht den umbauten Raum. Es beginnt bereits mit dem Annäherungssensor, der den Innenraum in ein angenehm weiches Licht taucht. Zudem wird das Genesis-Logo leuchtend auf den Boden vor den Vordertüren projiziert.
Geöffnet werden die Türen mittels Smartkey, will heißen der Schlüssel bleibt in der Tasche. Nach dem Druck auf den Starterknopf erfolgt eine weitere Begrüßung der Fahrgäste durch eine angenehme Melodie. Klangvoll auch das Soundsystem von Lexicon, einem Unternehmen der Harman Luxury Audio Group, mit 17 Lautsprechern.
Wer trotz Around-View System, das den Blick per Vogelperspektive über den TFT-Monitor zeigt, nicht selbst einparken will, drückt den Knopf des automatischen Parkassistenten, der den Genesis entweder rückwärts oder auch parallel in die Lücke setzt.
Für mehr Sicherheit sorgen im Hyundai Genesis unter anderem die Tote-Winkel-Warner, die auf vier Ebenen Aufmerksamkeit erzeugen. Zum einen durch eine leuchtende Grafik in den Außenspiegeln, dann ein akustisches Signal und zum dritten eine Vibration im Lenkrad. Last but not least wird im ebenfalls serienmäßigen Head-up-Display ebenfalls eine Grafik sichtbar.
Dazu kommt die Abstandsregelung mit Notbrems-Assistent, der im Fall der Fälle selbsttätig eine Vollbremsung auslöst. Außerdem sorgt die Abstandsregelung bei eingeschaltetem Tempomat für entspanntes Fahren bei zäh fließendem Verkehr. Sie kontrolliert mittels Radar den vorausfahrenden Wagen und warnt den Fahrer, wenn der Abstand zu gering wird. Reagiert der Lenker hinter dem Volant nicht, bremst das Fahrzeug selbsttätig falls notwendig bis zum Stillstand. Anschließend beschleunigt der Genesis wieder bis zum eingestellten Limit.
Fazit
Der Hyundai Genesis wird trotz all seines Luxus und der damit verbundenen Attraktivität ein einsamer Exot auf unseren Straßen bleiben. Wäre da nicht der hohe Spritverbrauch, würden wir dieses Fahrzeug über den grünen Klee loben. Dennoch ist er ein Geheimtipp für echte Individualisten. Im Vergleich zu den Mitbewerbern deutscher, amerikanischer und japanischer Herkunft ist er zudem locker 30.000 Euro günstiger und Hyundai übernimmt neben der obligatorischen 5-Jahres-Garantie für den gleichen Zeitraum auch noch die Wartungskosten. Da mag einem der ein oder andere Liter Mehrverbrauch vielleicht gar nicht mehr so bitter aufstoßen.
Technische Daten: Hyundai Genesis
Motor | 6-Zylinder-Benziner |
Getriebe | Achtgang-Automatik |
Hubraum | 3.778 ccm |
Leistung in kW/PS bei xy U/min | 232 kW (315 PS)/6.000 |
Max. Drehmoment | 397 Nm bei 5.000 Umdrehungen pro Minute |
Länge/Breite/Höhe | 4.990/1.890/1.480 in mm |
Radstand | 2.640 in mm |
Leergewicht | 2.150 kg |
Zul. Gesamtgewicht | 2.520 kg |
Kofferraumvolumen | 493 l |
Bereifung | 245/40 R 19 (vorne), 275/35 R 19 (hinten) |
Felgen | 8.5 J x 19 (vorne), 9.0 J x 19 (hinten); Leichtmetall |
Beschleunigung | 6,8 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 240 km/h (abgeregelt) |
Tankinhalt | 77 l |
Kraftstoffverbrauch Kombinierter Verkehr | 11,6 l auf 100 km (Euro5) |
Preis | 65.500 Euro inkl. MwSt. |
Dietmar Stanka Aribonenstraße 1 b D-81669 München